Bank- und Kapitalmarktrecht

BGH kippt Bankgebühr bei Überziehung

BGH kippt Bankgebühr bei Überziehung

Bankklausel über pauschale Überziehungskosten bei geduldeter Überziehung unwirksam

Der Bundesgerichtshof hat mit jeweiligem Urteil vom 29.10.2016 (Az.: XI ZR 9/15; XI ZR 387/15) eine gesetzliche Regelung, mit der den Bankkunden eine pauschale Bankgebühr für geduldete Kontoüberziehungen aufgebürdet wird, für unwirksam erklärt. Nach dem Bundesgerichtshof weicht eine entsprechende Preisnebenabrede in erheblichem Umfang von wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung ab und benachteilige damit die Bankkunden unangemessen, da in diesem Fall der eigene Bearbeitungsaufwand unzulässiger Weise auf die Bankkunden abgewälzt werde.

Regelung der Banken

In dem ersten Verfahren sahen die allgemeinen Geschäftsbedingungen der beklagten Bank ausdrücklich unter „Bedingungen für geduldete Überziehung“ folgende Regelung vor:
5. Die Höhe des Sollzinssatzes für geduldete Überziehung, der ab dem Zeitpunkt der Überziehung anfällt, beträgt 16,50 % p.a. Die Sollzinsen für geduldete Überziehung fallen nicht an, soweit diese die Kosten der geduldeten Überziehung (siehe Nr. 8) nicht übersteigen.
8. Die Kosten für geduldete Überziehungen, die ab dem Zeitpunkt der Überziehung anfallen, betragen 6,90 € und werden im Falle einer geduldeten Überziehung einmal pro Rechnungsabschluss berechnet. Die Kosten für geduldete Überziehungen fallen jedoch nicht an, soweit die angefallenen Sollzinsen für geduldete Überziehungen diese Kosten übersteigen.“

Erfolg der Verbraucherschützer in Berufung

Der Verbraucherschutzverein klagte auf Unterlassung der Verwendung dieser Regelung. Die Klage hatte erst in der Berufungsinstanz Erfolg. Die Bank legte erfolglos Revision vor dem Bundesgerichtshof ein.
Im späteren Verfahren wurde von der dort beklagten Bank folgende Klausel verwendet:
„[Die Bank] berechnet für jeden Monat, in welchem es auf dem Konto zu einer geduldeten Überziehung kommt, ein Entgelt von 2,95 €, es sei denn, die anfallenden Sollzinsen für geduldete Überziehung übersteigen im Berechnungsmonat den Entgeltbetrag von 2,95 €. Die angefallenen Sollzinsen für geduldete Überziehung werden nicht in Rechnung gestellt, wenn sie im Berechnungsmonat den Entgeltbetrag von 2,95 € unterschreiten.“

Unzulässige Preisnebenabreden

Die von den Verbraucherschützern eingereichte Klage hatte erst in der Revision vor dem Bundesgerichtshof Erfolg. Nach dem Bundesgerichtshof hielten die Klauseln über das pauschale Mindestentgelt einer geduldeten Überziehung einer rechtlichen Kontrolle gemäß AGB-Recht nicht stand, da sie von wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelungen abweichen und die Bankkunden entgegen dem Gebot von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen würden. Entsprechende Klauseln seien auch nicht als Preishauptabrede einer Inhaltskontrolle gemäß AGB-Recht (§ 307 Abs. 3 Satz 1 BGB) entzogen, da es sich um Preisnebenabreden handeln würde, welche einer Inhaltskontrolle unterliegen würden.

Zinssatz von 25.185,00 % p.a.

Nach dem Bundesgerichtshof wichen somit die angegriffenen Regelungen der Banken von den wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelungen ab. Laut Bundesgerichtshof sei ein Preis für eine geduldete Überziehung nach dem gesetzlichen Leitbild des § 488 BGB ein Zins und damit allein eine laufzeitabhängige Vergütung der Kapitalüberlassung. In diese Kapitalüberlassung seien Bearbeitungskosten einzupreisen. Gerade bei niedrigen Überziehungsbeträgen und kurzen Laufzeiten käme es für die Bankkunden zu unverhältnismäßigen Belastungen: Eine geduldete Überziehung von 10,00 € für einen Tag und der hierfür in Rechnung zu stellende Betrag von 6,90 € bzw. 2,95 € würde einem Zinssatz von 25.185,00 % pro Jahr bzw. 10.767,50 % pro Jahr zwischen den Parteien entsprechen.
Betroffene Bankkunden sollten sich entsprechend Rechtsrat einholen. Da ein Vorgehen gegen eine Bank rechtlich schwierig sein kann, sollte ein fachlich versierter Spezialist konsultiert werden.

Dr. Cai Niklaas Harders
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht
Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht