Widerspruchsjoker auch bei Lebensversicherungen
Fast jeder deutsche Haushalt hat sie: eine Lebens- oder Rentenversicherung. Und das, obwohl die tatsächliche Rendite oft hinter den Erwartungen zurückbleibt. Oftmals würde sich der Versicherungsnehmer deshalb gerne im Nachhinein von dem Versicherungsvertrag lösen, sei es aufgrund der schlechten Rendite oder aufgrund von zusätzlichem Liquiditätsbedarf.
Ist eine Kündigung möglich
Üblicherweise geht dies nur durch Kündigung der Versicherung, was sich aber oftmals wirtschaftlich nicht lohnt. Für Lebens- und Rentenversicherungen, die zwischen dem 29.07.1994 und dem 31.12.2007 abgeschlossen wurden, besteht aufgrund einschlägiger Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes und des Bundesgerichtshofes (Urteil vom 07.05.2014 – IV ZR 76/11 -) die Möglichkeit, dem Vertragsschluss auch heute noch zu widersprechen.
Unter welchen Voraussetzungen?
Voraussetzung dafür ist, dass die Widerspruchsfrist noch nicht in Gang gesetzt wurde. Der Lauf der Widerspruchsfrist beginnt nur dann, wenn dem Versicherungsnehmer neben dem Versicherungsschein die Versicherungsbedingungen und Verbraucherinformationen vollständig vorliegen und der Versicherungsnehmer bei Aushändigung des Versicherungsscheins ordnungsgemäß über das Widerspruchsrecht, den Fristbeginn und die Dauer belehrt worden ist. Ist dieses nicht der Fall, wird die Frist nicht in Gang gesetzt, so dass der Versicherungsnehmer das Widerspruchsrecht nach § 5 a VVG a.F. nach wie vor ausüben kann.
Und was ist mit bereits gekündigten Verträgen?
Dieses Widerspruchsrecht gilt unabhängig davon, ob die jeweilige Versicherung bereits gekündigt wurde. Somit kann der Versicherungsnehmer auch bei einer bereits gekündigten Lebens- oder Rentenversicherung dem Vertragsschluss auch heute noch widersprechen.
Was ist die Folge?
Widerspricht der Versicherungsnehmer dem Vertragsschluss, so muss der gesamte Versicherungsvertrag rückabgewickelt werden. Das bedeutet, dass jede Partei das zurückerhält, was sie in Erfüllung des Vertrages an die andere Partei geleistet hat. Der Versicherungsnehmer erhält die von ihm gezahlten Versicherungsbeiträge zurück, muss sich hierbei allerdings den bis zum Widerspruch genossenen Versicherungsschutz anrechnen lassen. Auch etwaig angefallene Provisionen und Abschlussgebühren muss die Versicherung an den Versicherungsnehmer zurückzahlen.
Dr. Cai Niklaas Harders
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht
Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht
