Bank- und Kapitalmarktrecht

Kündigung von Bausparverträgen durch Bausparkassen sind wohl doch rechtswidrig

Kündigung von Bausparverträgen durch Bausparkassen sind wohl doch rechtswidrig

Wer dachte, nur die Bankkunden würden die historisch niedrigen Zinsen für eine Neufinanzierung nutzen, hat sich geirrt. Die Bausparer haben die deutlich über dem Marktzins verzinsten Bausparverträge als lukrative Sparanlagen genutzt, anstatt die Bauspardarlehen abzurufen. Die Bausparkassen haben Bausparverträge massenhaft gekündigt, um der heute übermäßigen Zinslast zu entkommen, und zwar mit folgender Begründung: Die Bausparverträge seien nach § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB wirksam kündbar, da einem Darlehensnehmer 10 Jahre nach vollständiger Auszahlung ein Sonderkündigungsrecht zustehen würde und die vollständige Auszahlung mit der Zuteilungsreife eingetreten sei. Der Bausparvertrag sei in der Ansparphase rechtlich als ein Darlehen des Bausparers an die Bausparkasse zu qualifizieren. Diese Kündigungen waren verstärkt Gegenstand von gerichtlichen Rechtsstreitigkeiten von überraschten Bankkunden, die sich zum damaligen Zeitpunkt die Zinsen für die Zukunft sichern wollten.

Trendwende?

Die meisten Prozesse über die Wirksamkeit der ausgesprochenen Kündigungen von (seit 10 Jahren zuteilungsreifen) Bausparverträgen konnten die Banken gewinnen. Jedoch scheint es, als würde nunmehr ein neues Zeitalter in diesem Rechtsproblem zu beginnen.

Die Entscheidung des OLG Stuttgart

Das Oberlandesgericht Stuttgart entscheid als erstes Obergericht, dass diese Art von Kündigungen rechtswidrig sind. Die Bausparkassen könnten sich bei der Kündigung nicht auf die Vorschrift des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB berufen, da die Zuteilungsreife keinen vollständigen Erhalt eines Darlehens darstelle. Bis zur erstmaligen Auszahlung der Bausparsumme sei der Bausparer nach den Allgemeinen Bausparbedingungen verpflichtet, Regelsparbeiträge zu zahlen. Vor Ende dieser Pflicht habe die Bausparkasse das als Darlehen anzusehende Bausparguthaben eben nicht vollständig empfangen (und zwar unabhängig von der Zuteilungsreife).
Die Revision gegen dieses Urteil vom 30.03.2016, Az. 9 U 171/15, wurde zugelassen. Es bleibt spannend – soweit die betroffene Bausparkasse Revision einlegt -, ob der Bundesgerichtshof solche Kündigungen endgültig für unwirksam erklärt.

Fazit

Betroffenen Bausparer ist zu raten, im Falle der Kündigung durch eine Bausparkasse, einen spezialisierten Rechtsanwalt aufzusuchen.

Dr. Cai Niklaas Harders
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht
Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht